Philosophicum Lech
Am 23. September 2025 durften Dylan Holubicka und Emilio Madlener, Schüler der Handelsakademie Feldkirch, gemeinsam mit Schülerinnen und Schüler vom Gymnasium Schillerstraße im Rahmen der Begabtenförderung am Vortrag „Wie ist die Lage?“ des Philosophicum Lech teil. Die Veranstaltung wurde von Barbara Bleisch und Konrad Paul Liessmann gestaltet und von Martin Haidinger moderiert. Der Vortrag befasste sich mit der Frage, ob unsere Gesellschaft sich dauerhaft in Krisen befindet und wie politische, moralische und gesellschaftliche Kategorien in diesem Kontext neu bewertet werden müssen.
Die permanente Krise
Die Referierenden stellten die Leitfrage auf, ob wir „nicht immer in einer Krise“ leben. Sie argumentierten, dass Krisen historisch betrachtet ein dauerhafter Bestandteil gesellschaftlicher Entwicklungen seien. Entscheidend sei dabei, wie eine Krise verstanden wird:
als Übergang, der überwunden werden kann,
oder als Ende, das radikale Veränderung verlangt.
Meinungsfreiheit und demokratische Verantwortung
Ein Schwerpunkt lag auf der Diskussion über Meinungsfreiheit. Im internationalen Vergleich wurde auf das liberalere Verständnis in den USA hingewiesen. Zugleich wurde kritisch reflektiert, dass extreme politische Rhetorik – etwa Aussagen wie jene von Donald Trump („Ich hasse meine Gegner“) – zu einer Verschärfung der gesellschaftlichen Spaltung beitragen kann.
Es wurde betont, dass Demokratie die „beste aller schlechtesten Staatsformen“ sei – robust, aber auf eine verantwortungsvolle Nutzung der Meinungsfreiheit angewiesen. Die Referierenden stellten in den Raum, ob bestimmte Meinungen tatsächlich „unterdrückt“ werden sollten oder ob Toleranz gerade dort notwendig ist, wo sie unbequem wird. Der Satz „Toleranz muss wehtun“ bildete einen zentralen Gedankenkern des Vortrags.
Moral und gesellschaftliche Kategorien
Ein weiterer thematischer Schwerpunkt war die Frage nach dem Begriff der Moral – bezeichnet als „M-Wort“. Klassische moralische Kategorien wie „gut“ und „böse“ wurden als unzureichend beschrieben, weil sie komplexe gesellschaftliche Dynamiken zu sehr vereinfachen.
Es wurde kritisiert, dass Menschen zunehmend in festgeschriebene Gruppenzugehörigkeiten eingeteilt werden (z. B.: „Wir Frauen“), was Identität reduziere und gesellschaftliche Debatten verenge.
Demokratie, Vorbilder und soziale Rollen
Der Vortrag ging auch auf das Fehlen politischer Vorbilder ein und die Frage, welche Persönlichkeiten heute Orientierung geben. Es wurde deutlich gemacht, dass demokratische Verantwortung nicht in abstrakten Kategorien entsteht, sondern im alltäglichen sozialen Handeln.
Besonders hervorgehoben wurde:
Menschen werden in vielen Gesellschaften schon bei der Geburt in Rollen festgelegt, die sie nur schwer verlassen können.
Diese sozialen Vorgaben prägen politische und gesellschaftliche Teilhabe langfristig.
Das Vereinswesen als Fundament demokratischer Praxis
Ein zentrales Schlussmotiv lautete: „Der Verein ist die beste Schule der Demokratie.“
© Emilio Madlener (4db)